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Der Schulzwang wird fallen wie die Berliner Mauer
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Kurzbericht der Mutter und Stellungnahme der Eltern
Der häusliche Unterricht mit der Tochter Melissa seit Nichtbestehen der 7. Klasse im Sommer 2004:

Zu Beginn des Hausunterrichtes haben wir einen Antrag beim Kultusministerium gestellt mit ausführlicher Schilderung der Beweggründe und Ziele. Die ablehnende Antwort kam nach ca. 3 Monaten ohne individuelle Ratschläge oder Hilfen.
Wie schon aus unserem Antrag hervorgeht, wollten wir, auch auf Wunsch unserer Tochter, engen Kontakt zur Schule behalten, da sie nach Aufholen der Lücken wieder in ihre Klasse gehen wollte, die am Ende des 7. Schuljahres erheblich dezimiert worden und entsprechend ruhiger geworden war, weshalb wir auch die Schulbücher der 8. Klasse beantragten. Das wurde uns allerdings verwehrt bis auf das Englischbuch, welches wir eher zufällig bekamen.

Aus oben genanntem Grund versuchte ich zunächst, dem bayerischen Lehrplan der jeweiligen Klasse zu folgen. Später begann ich, manche Schwerpunkte anders zu setzen, z. B. hielt ich teils andere Lektüren für geeigneter als die vorgeschlagenen, gab meiner Tochter auch schon mehrere englische Lektüren, anstatt das Englischbuch des jeweiligen Jahrgangs genauestens durchzuarbeiten, denn ich hatte festgestellt, das sie erheblich schneller fließend Fremdsprachen lernt und dabei auch automatisch die Grammatik richtig anwendet durch Sprechen und Lesen von Lektüre. Theorie vergisst sie gar zu schnell wieder. Deshalb erschien uns der Aufenthalt im englischsprachigen Ausland auch besonders geeignet für sie. Inzwischen war sie ja von ihrer Schule zwangsabgemeldet und konnte auch nicht mehr auf gerichtliche Hilfe diesbezüglich hoffen.

Wir sind allerdings froh, dass sie im ersten Jahr noch am Klavierunterricht und Chor teilgenommen hat. In Melissa`s Problemfach Mathematik ist mein Mann recht weit zurückgegangen, um die alten Lücken zu schließen und dann systematisch darauf aufzubauen. Weil sie viel Übung brauchte, ist er auch detaillierter vorgegangen. Das ist der Vorteil des individuellen Hausunterrichts. Dafür ist sie noch nicht bei allen 10. Klasse-Themen der Mathematik angelangt. Dagegen ist sie in Englisch sicher weiter, kommt auch in Französisch gut voran, was es an ihrer Schule nur als Wahlfach gab. Auch in Französisch hat sie bald mit Begeisterung eine Lektüre begonnen. Latein haben wir erst einmal hinten angestellt, was mir sehr leid tat, da ich selber darin Abitur gemacht habe. Für die gesprochenen Sprachen ist sie viel leichter zu begeistern, sie fallen ihr leicht. Das merkte man schon im Vorschulalter in der britischen Schule, wo sie in wenigen Wochen fließend Englisch sprach mit auffallend britischem Akzent. Die anderen Fächer haben wir oft block- oder gar tageweise bearbeitet, damit man an einem Thema dranbleiben konnte. So ließ es sich manchmal effektiver arbeiten. z.B. hat unsere Tochter das erste Physikbuch mit sämtlichen vorkommenden Aufgaben in einem Zug durchgearbeitet.

Praxisnahes Lernen fand bei ihrem Australien- Aufenthalt bezüglich mehrerer Schulfächer statt, nämlich Englisch, australische Geschichte, Erdkunde und Biologie. So lernte sie viel beim Besuch des National Museum in Canberra, beim Reisen durch die verschiedenen Vegetationszonen Australiens, Besuchen eines Zoos mit einheimischen Tieren, wo viele interessante Informationen weitergegeben wurden, und beim Tauchen im Barrier-Reef. Ganz nebenbei lernte sie noch viele andere lehrreiche Dinge.

„Sportunterricht“ wurde z. T. mit Jogging und DLRG- Schwimmtraining abgedeckt.

Schön wäre es gewesen, andere Hausschüler ähnlichen Alters in der Nähe zu haben, um im einen oder anderen Fach Lerngruppen zu bilden oder sich auszutauschen, gemeinsame Exkursionen zu unternehmen, wie es auch in anderen Ländern gehandhabt wird. Doch leider sind wir wegen des Behördendrucks nur wenige und weit voneinander entfernt. Dieser Behördendruck bzw. Druck durch die in Deutschland noch vorherrschenden Vorurteile zum Hausunterricht hat Melissa leider manchmal belastet, so dass sie z.B. am Vormittag nicht hinausgehen wollte. Schade! Denn ich halte die Hausschule für eine ganz tolle Möglichkeit, die viel Spaß machen und dazu das Kind zum selbstständigen Lernen erziehen kann. In den USA werden deshalb an vielen Universitäten Hausschüler bevorzugt genommen.

Eine gute Unterstützung war im letzten Jahr auch die Volkshochschule Erlangen. Melissa entschloß sich, ein Cambridge- Certificate anzustreben. Im Wintersemester 2006/2007 belegte sie den Vorbereitungskurs für das Cambridge Certificate in Advanced English ( Niveau C1), den sie im Sommersemester weiterbesucht hätte, um im Juni am Test teilzunehmen. Der Kurs umfasst 3 Wochenstunden. Leider konnte sie ihn seit dem Sorgerechtsentzug nicht mehr besuchen, obwohl sie mehrfach darum gebeten hatte. Der Abschluss C1 ermöglicht das Studium an vielen englischsprachigen Universitäten. Allerdings hatte Melissa sich vorgenommen, im nächsten Jahr noch den Vorbereitungskurs zum Cambridge Proficiency (Niveau C2) zu belegen. Dieser Abschluss befähigt zum Studium an allen englischsprachigen Universitäten.

Des weiteren wollte sie gerne Französisch dazulernen und belegte ebenfalls im Wintersemester 06/07 hintereinander zwei Französisch- Kompaktkurse mit jeweils wöchentlich 4 1/2 Stunden. Da der 3. Kurs im Januar leider mangels Teilnehmern nicht mehr zustande kam, lernte sie zu Hause und sogar noch in der Klinik fleißig weiter.

Insgesamt kann man sagen, dass Hausschüler selbständiger zu arbeiten lernen. Das konnte man auch bei Melissa beobachten. Nach einer gewissen Umgewöhnungszeit vom Frontalunterricht auf das eigenverantwortliche Arbeiten im Hausunterricht konnte ich bei Melissa einen wachsenden Eifer beobachten, sich selber Informationen zu einem Thema zu beschaffen (viele Büchereibesuche, Durchstöbern unserer Literatur) oder auch das Selberwählen neuer Fächer und Lerninhalte.

Im Einvernehmen mit unserer Tochter haben wir Kontakt zum Fernschullehrwerk ILS ( Institut für Lernsysteme GmbH), Hamburg, aufgenommen, das auch im Ausland lebenden deutschen Familien von der Regierung empfohlen wird. Auftraggeber ist das Auswärtige Amt. Bei Vorliegen einer Genehmigung durch das Schulamt könnte unsere Tochter dort die 10. Klasse bei paralleler Wiederholung einiger 9. Klasse -Fächer absolvieren und danach extern die Realschulprüfung ablegen, wobei die Bearbeitung des Materials auch weniger als ein Jahr betragen kann, da es nicht nur einen Prüfungstermin im Schuljahr gibt. Ich bin überzeugt, dass Melissa ein ILS- Realschulabschluss gelingen würde. Danach kann sie sich aussuchen, ob sie eine Ausbildung machen oder weiter zur Schule gehen möchte. Melissa war von dem ausführlichen von uns mitgebrachten Material recht angetan und würde gerne diese Möglichkeit nutzen. Das Jugendamt lehnte eine Antragstellung beim Schulamt jedoch vorerst ab.

Hiermit möchte ich noch einmal darauf hinweisen, dass (auch wenn später von Seiten des Jugendamtes anderes behauptet wurde) allein das Nichtbesuchen einer öffentlichen Schule der Grund für Jugendamt und Familiengericht war, einen Sorgerechtsentzug zu erwirken. Sowohl in den Beschlüssen als auch mündlich beim Abholen unserer Tochter war mehrfach von "Schule" und "Abschluss" die Rede. Der "Gutachter" Dr. Schanda äußerte auf meine Nachfrage nach dem Problem sofort, "die schulische Anpassung sei gestört", was immer das bedeuten mag. Trotz alledem wird unsere Tochter daran gehindert, ihren Cambridge- Abschluss zu erwerben, das ILS- Programm zu beginnen und auch in ihren mitgebrachten Büchern zu arbeiten, da neben dem Praktikum kaum Zeit und Kraft dafür bleibt. Zwar lernt unsere Tochter praktische Dinge, was auch gut ist, doch jetzt sollte das Praktikum ein Ende finden und Melissa nicht weiter am Unterricht gehindert werden. Sie möchte selber schulisch weiterkommen und pocht auf Bildung genau wie wir. Eine "Abklärung des schulischen Bedarfs", wie es von Seiten des Jugendamtes verlautet, ist völlig unnötig und verschwendete Zeit. Inzwischen sollten die Personen, die mit unserer Tochter im täglichen Kontakt stehen, erkannt haben, dass sie eine gesunde, intelligente und leistungsfähige Jugendliche ist, die, zwar höflich, aber zäh ihren Wünschen Ausdruck verleihen kann und das, was sie nicht möchte, auch verweigert. Spätestens jetzt sollte klargeworden sein, dass das "Gutachten" hinfällig ist und kein Grund mehr zum Aufrechterhalten der Beschlüsse besteht.

Gudrun Busekros

Stellungnahme der Eltern zu Vorwürfen des Jugendamtes:

Das Jugendamt wirft uns unter anderem vor, nicht kooperativ gewesen zu sein. Wir haben in den letzten zwei Jahren recht genau das Vorgehen des Jugendamtes in Deutschland beobachtet, sowohl bei Hausunterricht als auch bei anderen Fällen. Alle diejenigen, die dem Jugendamt und den Familienrichtern ihre Tür geöffnet und alles offen dargelegt haben (Fall Rudolph, Hamburg ; Fall Herrmann, Raum Ingolstadt), ja sogar das Amt um Hilfe gebeten haben (Fall Haase, Münster), mussten einen Sorgerechtsentzug erleben oder konnten gerade noch fluchtartig das Land verlassen. Wir fassten den Entschluss, es anders zu versuchen und die Familie zu schützen, indem wir niemanden von den Behörden an sie heranließen. Die Termine nahm mein Mann allein wahr, mit Vollmacht von mir. Ich fuhr mit den Kindern vorsichtshalber ins Ausland für diesen Tag. Beide gaben wir, unabhängig voneinander, an ( die Mutter bei dem unangemeldeten Besuch der Familienrichterin), dass es unserer Tochter gut gehe.Ja sogar erwähnte ich die Volkshochschulkurse, an denen sie im Moment teilnahm. Es wäre ein Leichtes gewesen, dies behutsam nachzuprüfen. Eben erzählte uns ein Nachbar, dass wir bereits seit Dezember von Zivilpolizisten beobachtet werden. Er sei ganz sicher, da er einige davon kannte. Wieso wurde Kindeswohlgefährdung angenommen? Auch das Zeitungsfoto zeigte Melissa lächelnd im Kreis ihrer Familie. Offensichtlich ging es nur darum, das Kind in die Schule zu zwingen.

Von den Behörden wurden wir in folgende unerträgliche Konfliktsituation gebracht:

Entweder wir nehmen den Vorschlag mit der Schule für Kranke an und akzeptieren damit stillschweigend die Art und Weise, wie das Gutachten entstanden ist und behalten unsere Tochter bzw. bekommen sie zurück oder wir weigern uns, derartiges rechtswidriges und unverhältnismäßiges Vorgehen hinzunehmen und verlieren unsere Tochter. Besonders dramatisch ist der Gewissenskonflikt angesichts der vielen Hausschulfamilien, mit denen nach solch einem Präzedenzfall genauso umgegangen werden kann. Eine Ingolstädter Familie mit 9-jährigen Zwillingen verließ gerade noch rechtzeitig das Land, da ihnen der Termin der Einweisung in die Psychiatrie mitgeteilt worden war. Nach Meinung des Vaters hätte der eine kranke Sohn den Klinikaufenthalt nicht überlebt. Nach verschiedenen Zeitungsberichten über unseren Fall meldeten sich viele, die entweder schwer durchs Jugendamt geschädigt worden sind oder extrem unzufrieden mit dem unflexiblen deutschen Schulsystem sind. Außerdem machten uns viele Hausschulfamilien aus In- und Ausland (vor den Behörden geflüchtet) Mut und erklärten, sie sähen voll Interesse und auch Sorge zu uns, weil davon ihr weiteres Leben und Vorgehen abhinge.